Handwerk in Belgrad
Handwerk in Belgrad
deutsch / serbisch
96 Seiten, 24.5 x 17 cm Farbfotografien broschiert
ISBN 978-3-99014-110-6
Mehr als zweihundert weiße Oberhemden für Tito nähte Jovanka, die Stiefmutter des Krawattenmachers Rajko Zečević – das Maß nahm sie persönlich am Regierungssitz.
Verica Petrović wollte eigentlich Kriminologin werden, jetzt webt sie unter anderem die Tücher zum Zusammenbinden der Hände des Brautpaars bei der kirchlichen Trauung. Der Buchbinder Svetislav Vukasović führt sein Handwerk mit der Deckelschere, "dekel šere", aus – noch in der serbischen Sprache zeigt sich die Durchlässigkeit einer weltoffenen Arbeitswelt, die allerdings immer auch von politischen und ökonomischen Konjunkturen abhängig war. Der aus dem Kosovo stammende Wollkämmer Radomir Đinđic ist wohl einer der letzten seines Fachs, genauso wie der Bettdeckenmacher Predrag Janković.
Dutzende Belgrader Handwerker und Handwerkerinnen hat die Künstlerin Franziska Wicke in den letzten Jahren besucht. Aus ihren Fotografien und Gesprächen ist eine große Erzählung über Arbeit in der Vielfalt Europas entstanden; ein einzigartiges Diagramm von Migration und Handwerkskultur seit den Zeiten der österreichischen Monarchie, leise melancholisch wie die alte Stadt an den Ufern von Donau und Save.
Franziska Wicke geboren 1980 in Leipzig, lebt und arbeitet als bildende Künstlerin in Berlin. Vor ihrem Kunststudium an der Hochschule für bildende Künste Braunschweig und der Burg Giebichenstein in Halle erlernte sie das Drechslerhandwerk. Sie erhielt für ihre künstlerische Arbeit bereits mehrere Förderungen, unter anderem ein Stipendium der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen.
"Handwerk in Belgrad" geht aus ihrer fortgesetzten künstlerischen Auseinandersetzung mit Räumen, Erinnerung und Sprachmigration hervor. Die dazugehörige Ausstellung wandert an verschiedene Orte in Deutschland, Serbien, Kroatien sowie Bosnien und Herzegowina. www.franziskawicke.com